Mainz, Deutschland – 12. Februar 2025 – Die Diskussion um Strompreise wird oft verkürzt auf die Frage: Wo ist Strom am billigsten? Ein oberflächlicher Vergleich zeigt, dass Frankreich für die Industrie deutlich günstigere Strompreise bietet als Deutschland. Doch dieser vereinfachte Blick ignoriert die langfristigen wirtschaftlichen und strukturellen Folgen der jeweiligen Energiepolitik. Während Frankreich durch massive Subventionen und eine hohe Staatsverschuldung niedrige Preise künstlich aufrechterhält, setzt Deutschland auf eine grundlegende Transformation des Energiesektors, die mittelfristig für Stabilität und Versorgungssicherheit sorgen soll.
Frankreichs niedrige Strompreise – ein Modell auf Pump
Frankreich präsentiert sich derzeit als Energiestandort mit vergleichsweise niedrigen Strompreisen für die Industrie. Doch dieser scheinbare Vorteil basiert nicht auf einer nachhaltigen Marktstruktur, sondern auf massiven staatlichen Eingriffen und milliardenschweren Subventionen. Die langfristige Finanzierbarkeit dieses Modells ist fraglich. Die hohe Staatsverschuldung Frankreichs und die angespannte finanzielle Lage des staatlichen Energiekonzerns EDF stellen die Zukunftsfähigkeit dieser Strategie infrage.
Die französische Staatsverschuldung liegt mittlerweile bei über 3 Billionen Euro, was 111 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. EDF, der staatliche Energieversorger, ist zusätzlich mit 54,4 Milliarden Euro verschuldet. Gleichzeitig stehen gewaltige Investitionen an: Für den Bau und die Instandhaltung von Reaktoren werden mehr als 100 Milliarden Euro benötigt.
Experten bewerten die Finanzierung dieser Vorhaben als größte Herausforderung. Bis heute wurde kein belastbares Finanzierungsmodell für neue Reaktoren veröffentlicht. Angesichts der chronischen Kostenexplosionen bei bisherigen Projekten, etwa dem EPR-Reaktor in Flamanville, der inzwischen fast sechsmal so teuer ist wie ursprünglich geplant, bestehen große Zweifel, ob Frankreich die versprochene Erneuerung seiner Kernkraftkapazitäten realisieren kann.
Neben den finanziellen Herausforderungen kommt ein weiteres Problem hinzu, der Verlust nuklearen Fachwissens. Die französische Atomindustrie kämpft mit Fachkräftemangel und Know-how-Verlust, da in den letzten Jahrzehnten zu wenige Fachkräfte ausgebildet wurden. Dies erhöht das Risiko von weiteren Bauverzögerungen und steigenden Kosten, da viele Arbeiten ausgelagert oder neue Fachkräfte erst ausgebildet werden müssen.
Hinzu kommt die ungelöste Frage der Endlagerung von Atommüll. Der französische Rechnungshof geht davon aus, dass die bisher vorgesehenen 18,4 Milliarden Euro für die Stilllegung und Demontage alter Reaktoren nicht annähernd ausreichen werden. Realistisch wird von mindestens dem Doppelten ausgegangen, was die finanzielle Belastung weiter erhöht. Die tatsächlichen Kosten für die sichere Endlagerung des hochradioaktiven Abfalls sind kaum kalkulierbar und werden den Staat in Zukunft zusätzlich belasten.
Darüber hinaus bleibt die Unsicherheit, sich durch den Bedarf an Uranlieferungen von autokratischen Staaten abhängig zu machen. Frankreichs Atomkraftwerke sind auf Uranimporte angewiesen, und die größten Uranlieferanten sind Russland, Kasachstan und Niger. Politische Krisen oder geopolitische Spannungen könnten die Versorgung gefährden und Frankreichs Energiesystem dadurch unter Druck setzen.
Aus diesen Punkten lässt sich prognostizieren, dass Frankreich die Krise in die Zukunft verlagert. Denn die Kombination aus steigender Staatsverschuldung, hohen Investitionskosten, ungelösten Endlagerfragen und technologischem Kompetenzverlust stellt die Zukunftsfähigkeit der französischen Atomstrategie massiv infrage. Die niedrigen Strompreise können auf Dauer nicht gehalten werden, wenn die Schulden weiter steigen und gleichzeitig Milliarden für den Neubau und die Instandhaltung der alternden Kernkraftwerke fehlen. Sollte der EDF finanziell weiter unter Druck geraten, könnte der französische Staat gezwungen sein, entweder Strompreise zu erhöhen oder die Steuerzahler noch stärker zu belasten.
Deutschland: Investition in eine zukunftssichere Energieversorgung
Deutschland dagegen kämpft aktuell mit hohen Strompreisen, investiert aber gezielt in eine unabhängige und nachhaltige Energieversorgung. Der Ausbau erneuerbarer Energien schreitet mit Rekordzahlen voran:
- Windkraft an Land: 112 Mrd. kWh
- Photovoltaik: 72 Mrd. kWh (ein massiver Zuwachs gegenüber 2023)
- Biomasse: 50 Mrd. kWh
- Wasserkraft: 15 Mrd. kWh
Der Anteil erneuerbarer Energien an der gesamten Stromerzeugung hat damit die Marke von 62 % überschritten. Gleichzeitig setzt die Bundesregierung Maßnahmen um, um die hohen Strompreise abzufedern und die Industrie zu unterstützen:
- Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen
- Netzausbau und Speicherförderung, um Ökostrom besser nutzbar zu machen
- Investitionen in Wasserstofftechnologie, um langfristig unabhängig von fossilen Energien zu werden
Langfristig die bessere Strategie
Wer heute nur auf das Preisschild schaut, übersieht die langfristigen Konsequenzen. Während Frankreich mit seinen künstlich subventionierten Strompreisen eine Krise nur nach hinten verlagert, legt Deutschland den Grundstein für eine bezahlbare, nachhaltige und sichere Energieversorgung in der Zukunft.
- Erneuerbare Energien machen Deutschland langfristig unabhängig von geopolitischen Krisen.
- Speicher- und Netztechnologien werden die Flexibilität des Systems erhöhen und die Preise stabilisieren.
- Die Transformation schafft neue Märkte und Technologien – Deutschland wird als Innovationsstandort gestärkt.
Dabei muss vorrangig das Problem der hochgradig zersplitterten und ineffizienten Verteilnetzstruktur in Deutschland angegangen werden. Es braucht Maßnahmen, die den Wettbewerb fördern und den administrativen Aufwand für Energieanbieter reduzieren.
Der hohe Preis von heute ist eine Investition in eine stabile Zukunft. Deutschland ist auf dem richtigen Weg und wird am Ende von bezahlbarer, nachhaltiger und sicherer Energie profitieren.
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